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Samstag, 22. Dezember 2012

Modernisierung: Rechte der betroffenen Eigentümer

Selbst wenn eine Baumaßnahme als Modernisierung von der Eigentümergemeinschaft beschlossen wurde, heißt das nicht in jedem Falle, dass die betroffenen Eigentümer das Abstimmungsergebnis hinnehmen müssen. Selbst wenn das Gemeinschaftseigentum objektiv verbessert oder Energie oder Wasser einspart werden, kann ein Modernisierungsbeschluss trotzdem im Rahmen einer Anfechtungsklage gerichtlich aufgehoben werden. Jeder Beschluss über verbessernde Baumaßnahmen muss den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen. Dabei stehen Kosten-Nutzen-Argumente, die technische Nachhaltigkeit und der Verstoß gegen die Teilungserklärung oder nicht disponible Rechtsvorschriften im Focus. Eine Aufhebung des Beschlusses kommt aber auch in Betracht, wenn der Charakter der Gebäudes erheblich verändert oder Eigentümer durch die Modernisierung erheblich benachteiligt werden.
Kosten und Nutzen der Modernisierung:
Als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal jeder Modernisierung gilt, dass die Verbesserung des Gemeinschaftseigentums nicht um jeden Preis zulässig ist, sondern ein vernünftiges Kosten-Nutzen-Verhältnis berücksichtigen muss.[1] Zwar steht der Wohnungseigentümer-gemeinschaft ein Ermessensspielraum zu, der nicht zur Wahl der kostengünstigsten Maßnahme zwingt, jedoch müssen die Kosten in einem sinnvollen Verhältnis zur beabsichtigten Verbesserung und der finanziellen Leistungsfähigkeit der Gemeinschaft stehen.[2] Auch die Durchführung sogenannter Luxussanierungen dürfte regelmäßig in keinem angemessenen Kosten-Nutzen Verhältnis stehen. Insbesondere für hochpreisige Energieeinsparmaßnahmen wird in Rechtsprechung und Literatur eine Amortisation der Kosten verlangt. Die Ersparnis an Energieaufwendungen soll die  Kosten der Modersierung im Allgemeinen innerhalb von 10 bis 15 Jahren aufwiegen.[3] Ohne Erläuterung sind jedoch die LG Düsseldorf und München der Auffassung, dass es bei einem nicht instandsetzungsbedingten Einbau von Isolierglasfenstern eine Amortisation der Kosten nicht erforderlich sei.[4] Dient eine Dämmmaßnahme jedoch (auch) der Beseitigung von Schäden am Gebäude (schadhafter Außenputz oder Schimmelschäden in den Wohnungen) oder der Erfüllung normativer Verpflichtungen (z.B. § 8 Abs. 2 Nr. 1 WärmeschutzVO), so stellt sich die Frage nach einer Amortisation nicht.[5]

Schließlich widerspricht ein Beschluss den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn seine bauliche Ausführung gegen Rechtsnormen verstoßen würde, z.B. gegen die entsprechende Landesbauordnung, oder zwingenden Vorschriften der Energieeinsparverordnung.
Minderheitenschutz 1: Eigenart der Wohnanlage:
Die Mehrheitsmacht umfasst das nicht das Recht zur tiefgreifenden Umgestaltung des Gemeinschaftseigentums; dies gilt nach dem Wortlaut des § 22 Abs.2 ausdrücklich für die qualifizierte Stimmenmehrheit der Modernisierung. Jedoch legitimiert auch das Vorhandensein eines Instandsetzungsbedarfs nicht die wesentliche Veränderung der Wohnanlage mit einfacher Mehrheit.
Bereits in der amtlichen Begründung der Novelle werden Beispiele für  Umgestaltungen der Wohnanlage genannt, die deren bisherige Eigenart ändern. Grundsätzlich sei dies gegeben, wenn der optische Gesamteindruck nachteilig verändert wird, insbesondere durch Anbauten, wie Wintergärten, die Aufstockung oder ein Abriss von Gebäudeteilen oder vergleichbare Veränderungen des inneren oder äußeren Bestands. Weiterhin kann eine Veränderung der Eigenart bereits vorliegen, wenn die Maßnahme zu einer uneinheitlichen Gestaltung der Fassade führt, z.B. wenn nur einzelne Balkone an der Front eines Hauses verglast werden oder wenn beim Bau von Dachgauben in einer vorhandenen Dachgeschosswohnung die Symmetrie des Hauses nicht eingehalten wird. Schon die schlichte Verstärkung eines bereits gegebenen, uneinheitlichen Eindrucks des Gebäudes macht einen entsprechenden Beschluss anfechtbar. Auch die Durchführung  sog. Luxussanierungen kann die Eigenart der Wohnanlage verändern, jedoch ist die Gemeinschaft nicht darauf beschränkt, nur auf ein durchschnittliches Ausstattungsniveau zu modernisieren. Auch die Umwandlung einer das Grundstück prägenden Grünfläche in einen Parkplatz ist als Veränderung der Eigenart der Wohnanlage zu werten, sowie vergleichbare Maßnahmen die den optischen Gesamteindruck des Grundstücks wesentlich verändern. Gleiches gilt für geplante Anlagen, die im Widerspruch zur spezifischen  Nutzungsart einer Wohnanlage stehen, etwa ein Kinderspielplatz in einer Senioren-WEG.  Die noch sehr uneinheitliche Rechtsprechung eröffnet dem richterlichen Ermessen ein weites Feld.
Minderheitenschutz 2: Unbillige Beeinträchtigung:
Die „unbillige Beeinträchtigung“ i.S.v. § 22 Abs.2 erfordert eine deutlich höhere Beeinträchtigungen eines Eigentümers als die „nicht unerhebliche Beeinträchtigung“ gemäß § 22 Abs.1. Um das Ziel der Verbesserung durch (instandsetzende) Modernisierungsmaßnahmen der Gemeinschaft zu erreichen, wird von den Eigentümern hier eine höhere Toleranz gegenüber der Veränderung des Gemeinschaftseigentums abverlangt, als dies bei eigenmächtigen Veränderungsmaßnahmen der Fall ist.[6] „Unbillig“ impliziert nach der wohl überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur eine treuwidrige Ungleichbehandlung eines oder mehrerer Wohnungseigentümer; durch die angegriffene Maßnahme würde(n) einem oder mehreren Wohnungseigentümer(n) größere Nachteile zugemutet werden, als den anderen. Insoweit kommen solche Nachteile in Betracht, die sich gerade auf die Nutzung des Sondereigentums bestimmter Eigentümer und auswirken, z.B. die Verschattung der Räume durch einen Balkonanbau oder die Verkleinerung von Dachräumen durch eine Innenisolierung. In diesem Zusammenhang sind auch Nachteile zu berücksichtigen, die der betroffene Eigentümer erfährt, weil er in seinem Sondereigentum Aufwendungen getätigt hat, die durch die Modernisierung nicht weiter nutzbar sind, wie z.B. Wegfall der eigenen Gasetagenheizung bei Einbau einer gemeinschaftseigenen Zentralheizung. Eine „unbillige Beeinträchtigung“ eines Wohnungseigentümers liegt danach nur dann vor, wenn er bei wertender objektiver und subjektiver Betrachtung  und in Abwägung mit den durch die Modernisierung erstrebten Vorteilen, derartige Nachteile erleiden würde, die einem verständigem Wohnungseigentümer nicht abverlangt werden können.[7]
Nach der hier vertretenen Auffassung darf jedoch die unbillige Beeinträchtigung nicht nur im Vergleich zu anderen Wohnungseigentümern ermittelt werden, etwa im Sinne einer willkürlichen Ungleichbehandlung, die dem Einzelnen ein Sonderopfer abverlangt. Dann wäre ein wenig solventer Wohnungseigentümer sinnvollen Modernisierungsmaßnahmen der Gemeinschaft schutzlos ausgeliefert und würde Gefahr laufen, sein Eigentum ggf. veräußern zu müssen, da die entsprechenden Sonderumlagen, die alle Eigentümer in gleicher Weise treffen, für ihn nicht finanzierbar wären. Ziel der unbilligen Beeinträchtigung ist der Schutz der berechtigten Interessen des durch die Modernisierung beeinträchtigten Eigentümers, womit grundsätzlich auch die Folgen von Nutzungsbeeinträchtigungen im Zuge von Baumaßnahmen, wie etwa Miet- oder Umsatzausfälle zumindest dann zu berücksichtigen, wenn sie ein existenzbedrohendes Maß erreichen können. Entsprechendes gilt auch für die direkten Kosten der Modernisierung. Zwar muss ein Wohnungseigentümer, anders als ein Mieter, für den Erhalt seiner Wohnung selbst aufkommen und dafür entsprechende finanzielle Rücklagen vorhalten, insbesondere wenn ein Instandsetzungsbedarf oder die Anpassung an einen allgemein üblichen Standard erforderlich ist, jedoch ist seine finanzielle Leistungsfähigkeit bei der Beschlussfassung von der Gemeinschaft zu erwägen. Das Ermessen der Wohnungseigentümergemeinschaft über die Art und Weise von Modernisierungsmaßnahmen durch Beschluss zu entscheiden beschränkt sich grundsätzlich nicht auf das jeweils „mildeste Mittel“,[8]  jedoch verpflichtet das Gemeinschaftsverhältnis der Eigentümer untereinander keine existenzbedrohenden Entscheidungen zu lasten Einzelner zu beschließen, zumindest wenn es Handlungsalternativen gibt. Dann wäre das Ermessen der Gemeinschaft so auszuüben, dass dem betroffenen Eigentümer die Veräußerung erspart bleibt, etwa durch die rechtzeitige Bildung von Rücklagen.[9]
Fazit:
Sechs Jahre nach ihrer Normierung im Wohnungseigentumsgesetz hat sich noch kein einheitliches Verständnis der Modernisierung herausgebildet. Ist ein Modernisierungs-beschluss erst einmal verkündet, so gibt es für die betroffenen Eigentümer nur noch die Möglichkeit der gerichtlichen Anfechtungsklage. Auf Grund der dabei entstehenden Kosten, sollte dieser Schritt jedoch sehr sorgfältig überdacht werden.


[1] OLG München v.14.11.2005, Az: 34 Wx 105/05, ZMR 2006, 302; OLG Hamburg v.4.8.2003,
    Az: 2 Wx 30/03, ZMR 2003, 866; BayObLG v.27.11.2003, Az: 2Z BR 176/03, ZMR 2004, 442;
[2] OLG Frankfurt v.15.11.2010, Az: 20 W 138/08, NZM 2011, 37; Merle,a.a.O., § 21 Rn 28.
[3] Amortisation in 10-15 Jahren: OLG München, 14.11.2005 - 34 Wx 105/05, ZMR 2006, 302;
    Amortisation in allenfalls 10 Jahren: KG v.02.02.1996, 24 W 7880/95, ZMR 1996, 283;
    Merle, a.a.O., § 21, Rn 102.
[4] LG Düsseldorf v.6.6.2012, Az: 25 S 8/12, openJur 2012, 129538;
    LG München I v. 27.4.2009, Az: 1 S 20171/08, ZMR 2009, 945.
[5] OLG Hamm v 18.11.2008, Az. 15 Wx 139/08, ZWE 2009, 261;
    BayObLG, 25.09.2001 - 2Z BR 95/01, ZMR 2002, 209.
[6] LG Düsseldorf v.6.6.2012, Az: 25 S 8/12, openJur 2012, 129538; Merle, a.a.O., § 22, Rn. 339 f.
[7] LG Düsseldorf v.6.6.2012, Az: 25 S 8/12, openJur 2012, 129538; BT-Drucks. 16/3843 S.50.
   Hogenschurz, Balkonanbau als Modernisierung gem. § 22 Abs.2 WEG, WuM 2012, 78.
   a.A.: LG Lüneburg c. 31.5.2011, Az: 9 S 75/10, ZMR 2011, 830 (Balkone).
[8] OLG Frankfurt v.15.11.2010, Az: 20 W 138/08, NZM 2011, 37.
[9] wie hier Niedenführ/Vandenhouten, § 22, Rn 169 f.; Merle, a.a.O., § 21, Rn 28.

Donnerstag, 13. Dezember 2012

Was ist eine Modernisierung im Wohnungseigentumsrecht?

Gemäß § 22 Abs.1 WEG bedarf es grundsätzlich der Zustimmung der betroffenen Eigentümer, wenn das Gemeinschafteigentum verändert werden soll. Eine anfechtungsfeste Beschlussfassung der Gemeinschaft gegen den Willen der betroffenen Eigentümer, ist im Allgemeinen nur möglich, wenn die besonderen Voraussetzungen von § 22 Abs.2 oder Abs.3 WEG gegeben sind, d.h. wenn die Baumaßnahme als Modernisierende Instandsetzung oder Modernisierung zu qualifizieren ist. Dann muss ein betroffener Eigentümer sich der Mehrheitsmacht beugen und die Veränderung des Gemeinschaftseigentums hinnehmen.
Das Gesetz beschreibt die Modernisierung in § 22 Abs.2 als „…Maßnahmen…die der Modernisierung entsprechend § 559 Abs.1 BGB oder der Anpassung des gemein-schaftlichen Eigentums an den Stand der Technik dienen.“ Eine gesetzliche Definition der Modernisierung im Rahmen der Modernisierenden Instandsetzung fehlt, jedoch ergibt sich aus der Begründung des Gesetzgebers, dass der Begriff in den Absätzen 2 und 3 inhaltsgleich ist.[1] Insoweit kann zu seiner Bestimmung grundsätzlich auch die Rechtsprechung zur Modernisierenden Instandsetzung vor der WEG-Novelle herangezogen werden.
Drei unterschiedliche Arten von Modernisierungsmaßnahmen sind zu unterscheiden: Die Erhöhung des Gebrauchswertes und/oder Verbesserung der Wohnverhältnisse, die Einsparung von Energie oder Wasser und die Anpassung des Gemeinschaftseigentums an den Stand der Technik. Allen Maßnahmen ist gemeinsam, dass sie nachhaltig sein müssen, d.h. zu einer dauerhaften und erheblichen Verbesserung führen; Einsparungen an Energie oder Wasser müssen messbar sein, gleiches gilt sinngemäß für den Schallschutz.
Eine Gebrauchs- oder Wohnwerterhöhung liegt vor, wenn die gemeinschafts-ordnungskonforme Nutzung[2] bei objektiver Betrachtung bequemer, angenehmer, sicherer oder gesünder wird. Nach dem Bundesgerichtshof kann dies bereits gegeben sein, wenn ein heute allgemein üblicher Ausstattungsstandard hergestellt werden soll und die Neuerung aus der Sicht eines verständigen Wohnungseigentümers sinnvoll ist; wobei die reiche Kasuistik des Mietrechts herangezogen werden kann, jedenfalls soweit die Maßnahme das Gemeinschaftseigentum betrifft. Hierher gehören z.B. die Verbesserung der Energie- oder Wasserversorgung oder der Entwässerung, z.B. in Form der Vergrößerung der Leitungsquerschnitte der Steigleitungen, so dass gleichzeitiges Duschen und Spülen oder der Betrieb mehrerer elektrischer Haushaltsgeräte gleichzeitig möglich ist,  der Austausch von Holzfenstern gegen Isolierfenster oder fest verlegte trittschallhemmende Bodenbeläge im Treppenhaus, die Verbesserung der Sicherheit durch den Einbau von Sicherheitshaus- und Wohnungstüren, Anbau von Aufzügen oder Balkonen, der erstmalige Einbau von zentralen Heizungs- und/oder Warmwasseranlagen, Schornsteinzüge für den Einbau eines Kamin(-ofens), Einbau von Türsprechanlagen, sowie Maßnahmen zur Erleichterung des Zugangs,  die Anlage von Ruhezonen im Garten, Kinderspiel- und Fahrradabstellplätzen, die Aufwertung von Grünanlagen, sowie Maßnahmen zur Hausmüllreduzierung. Selbst das Ersetzen eines Flachdachs durch ein Walmdach, oder die Anbringung eines Vordachs wurden von der Rechtsprechung als Modernisierung anerkannt. Als Modernisierung dürften auch von der Gemeinschaft beschlossene Maßnahmen im Interesse der Barrierefreiheit gehbehinderter Eigentümer gelten, wie z.B. Treppenlifte oder Rollstuhlrampen.
Bei dem Merkmal der Einsparungen Energie kommen nicht nur Maßnahmen zur Einsparung von Heizenergie in Betracht, sondern auch von elektrischer Energie, so dass die Umrüstung der Treppenhaus- und Umfeldbeleuchtung auf Energiesparlampen sowie der Einbau von Zeitschaltuhren hierunter fällt. Maßnahmen zur Wassereinsparung werden dagegen im Bereich des Gemeinschaftseigentums nur durch eine Verbrauchserfassung und die Verwendung von Regen- oder Grundwasser zur Gartenbewässerung realistisch sein.[3] Der Focus in diesem Bereich liegt jedoch auf der Einsparung von Heizernergie, z.B. Dämmmaßnahmen, der Einbau von Isolierfenstern oder die Isolierung von Fassaden, Dächern, Kellerdecken und Heizungsrohren. Zurückhaltender ist der Wechsel des Energieträgers zu bewerten, da dies im Allgemeinen keine Energieeinsparung bewirkt. Andererseits kann der Anschluss an ein Fernwärmenetz, das aus einer Kraft-Wärme-Kopplung gespeist wird, eine Energieeinsparung bewirken.
Auch die Anpassung der gemeinschaftlichen Anlagen und Bauteile an den erprobten Stand der Technik kann eine Modernisierung darstellen. Da hierbei zumeist eine Verbesserungs- oder Einsparmaßnahme im Sinne der beiden vorangegangenen Absätze beabsichtigt ist, dürfte für eine eigenständige Anwendung dieses Merkmals kaum Raum bleiben.
Obwohl aus dem Regel-Ausnahme-Charakter der Absätze 1 bis 3 des § 22 zunächst von Teilen der Rechtsprechung gefolgert wurde, dass der Modernisierungsbegriff eng auszulegen sei, muss dies seit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18.02.2011 anders bewertet werden: Es sei eine großzügige Handhabung des Modernisierungsbegriffs geboten.[4] Insoweit wird mit dem Bundesgerichtshof davon auszugehen sein, dass jede Maßnahme, die objektiv betrachtet sinnvoll ist und/oder zu einer Verkehrswerterhöhung führt,[5] eine im Rahmen des § 22 Abs. 2 bzw. 3 zulässige Modernisierungsmaßnahme darstellt, die von der Eigentümerversammlung beschlossen werden kann. Daher werden als Modernisierung auch solche Maßnahmen zu gelten haben, die zu einer Energiekostenersparnis ohne Verringerung des Energieverbrauchs führen.[6] Die Grenze findet der Modernisierungsbegriff des Wohnungseigentumsgesetzes dort, wo nach objektiven Maßstäben keine Verbesserung festzustellen ist und nur eine andere Nutzungsqualität geschaffen wird, die allein von subjektiven Vorlieben abhängig ist.[7]

Wenn eine bauliche Veränderung eine Modernisierende Instandsetzung oder eine Modernisierung darstellt, bedeutet dies nicht, dass ein solcher Beschluss auf eine Anfechtungsklage eines durch die Maßnahme beeinträchtigten Eigentümers nicht vom Gericht aufgehoben werden kann. Der Beschluss, der ggf. mit dem notwendigen Quorum des § 22 Abs.2 WEG beschlossen sein muss, hat dann immer noch den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung zu entsprechen, darf das Erscheinungsbild des Hauses nicht erheblich verändern und auch keinen Eigentümer unbillig benachteiligen. Auf diese Gegenargumente des beeinträchtigten Eigentümers wird in einem der nächsten Blogs eingegangen werden.
Wird aber ein Beschluss, der eine Veränderung des Gemeinschaftseigentums zum Gegenstand hat, verkündet und nicht angefochten, so ist er grundsätzlich wirksam und kann umgesetzt werden. Dies gilt auch dann, wenn die besonderen Voraussetzungen von § 22 Abs.2 oder Abs.3 WEG nicht vorliegen. Die Baumaßnahme hätte dann zwar gemäß § 22 Abs.1 WEG der Zustimmung der betroffenen Eigentümer bedurft, jedoch ersetzt der rechtswirksame Beschluss die fehlende Zustimmung der beeinträchtigten Wohnungseigentümer.[8] 



[1] Vergl. BT-Drucks. 16/887, 29f, wonach die Anforderungen an einen Modernisierungsbeschluss nicht
   höher sind als an einen Beschluss zur modernisierenden Instandsetzung;
   Timme in Munzig/Timme/Elzer, WEG, §22 Rn 265; im Ergebnis Vandenhouten, a.a.O.,§ 22, Rn 160.
[2] Merle in Bärmann, 11. Aufl., § 22, Rn 331; Vandenhouten, a.a.O.§ 22,Rn 161.
[3] Merle, wie vor, nicht  jedoch der Einbau von Durchlaufbegrenzern, da Eingriff in das SE.
[4] BGH v. 18.2.2011, V ZR 82/10.
[5] BT-Drucks. 16/887, 30;  Bereits in seiner Entscheidung vom … stellte das BayObLG (Az: 2 Z BR 176/03, ZMR 2004, 442) für die Zulässigkeit einer Modernisierenden Instandsetzung auf einen drohenden Verkehrswertverlust ab.
[6] OLG Hamburg v. 21.7.2005, Az:2 Wx 18/04, ZMR 2005, 803 (Fernwärme);
LG Nürnberg-Fürth v.28.7.2010, Az: 14 S 438/10 WEG, ZWE 2010, 466;
Bub, ZWE 2008, 205, 208 (Solaranlage).
[7] Wintergarten durch Verglasung d. Balkons: AG Konstanz v.13.3.2008,12C17/07,ZMR 2008, 494.
[8] OLG Düsseldorf v.2.11.2004, Az: I-3 Wx 234/04, ZMR 2005, 143; Bärmann, a.a.O., § 22, Rn 139.

Dienstag, 11. Dezember 2012

Modernisierung: Fenstererneuerung ohne Beschluss

Gerade im Winter werden Wohnungseigentümer oft daran erinnert, dass die Fenster der Eigentumswohnung undicht sind; die in den Eigentümerversammlungen bereits besprochene Fenstersanierung ist aber nicht beschlossen worden. Mancher Eigentümer kommt da auf die Idee, selbst tätig zu werden und die alten Holzfenster zu ersetzen. Dies ist jedoch keine Modernisierung, sondern eine eigenmächtige Veränderung des Gemeinschaftseigentums, die sogar zu einer Rückbauverpflichtung führen kann.
Es ist anerkannt, dass der Austausch von Holzfenstern gegen Isolierfenster Gegenstand einer Modernisierung sein kann (LG Düsseldorf vom 6.6.2012, Az: 25 S 8/12, openJur 2012, 129538; LG München I v. 27.4.2009, Az: 1 S 20171/08, ZMR 2009, 945).  Nach § 22 Abs.2 WEG bedürfen aber solche modernisierenden Veränderungen des Gemeinschaftseigentums einer Beschlussfassung durch die Eigentümerversammlung, so dass ohne einen Beschluss niemand berechtigt ist, erhebliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum durchzuführen: Dieser Grundsatz gilt sowohl für den einzelnen Eigentümer, als auch für Vorhaben der Gemeinschaft (OLG Hamburg v.13.02.2001, Az: 2 Wx 45/99, ZMR 2001, 382). Es ist daher unerheblich, ob die Veränderung eine Modernisierung darstellen könnte; ohne entsprechenden Beschluss ist die Baumaßnahme rechtswidrig.
Eine Veränderung des Gemeinschaftseigentums ist grundsätzlich nur gemäß § 22 Abs.1 WEG zulässig, wenn alle beeinträchtigten Eigentümer der Veränderung zustimmen. Bei einem Austausch von Holzfenstern gegen Isolierfenster ist wegen der veränderten Optik des Gebäudes grundsätzlich jeder Eigentümer betroffen. Werden zudem die Fenster nur in einigen Wohnungen erneuert, so entsteht ein uneinheitliches Fassadenbild, was eine erheblich nachteilige Veränderung darstellt und daher sogar als Modernisierungsmaßnahme anfechtbar wäre (OLG Düsseldorf v. 30.10.00, Az: I-3 Wx 318/00, NZM 2001,2 43; KG v. 3.12.93, Az: 24 W 6483/93, GE 1994, 839).

Gemäß § 1004 BGB kann jeder Eigentümer aus eigenem Recht den Rückbau einer beeinträchtigenden Veränderung des Gemeinschaftseigentums verlangen, hierfür ist kein entsprechender Beschluss erforderlich. Ob eine zu Rückbau verpflichtende Beeinträchtigung vorliegt beurteilt aber das Gericht (KG v. 26.6.2007, Az:  24 W 15/07, GE 2007, 1561).
Einzelne Eigentümer haben gegenüber der Gemeinschaft grundsätzlich keinen Anspruch auf Modernisierung. Nur die schlichte Wiederherstellung oder die normgerechte erstmalige Herstellung eines instandsetzungsbedürftigen Teiles eines Bauwerks kann als ordnungsgemäße Verwaltung verlangt werden (OLG Schleswig v.21.12.1998, Az: 2 W 100/98; WuM 1999, 180), nicht dagegen die Verbesserung des Gemeinschaftseigentums (OLG Düsseldorf v. 22.10.2007, Az: I-3 Wx 54/07, ZMR 2008,142). Dies gilt selbst dann, wenn der Eigentümer einen nachvollziehbaren Bedarf zur Verbesserung hat, z.B. eine Aufstockung um den objektiv bestehenden Wohnraumbedarf für seine Familie zu decken (LG Hamburg v.16.12.2009, Az: 318 S 49/09, ZMR 2010, 550). Gestützt auf Art.3 Abs.3 S.2 GG ist lediglich zugunsten Behinderter ein Recht auf barrierefreien Zugang anerkannt, womit ein Veränderungsanspruch in Form von Rollstuhlrampen, Treppenliften etc. in Betracht kommt. Dieser Anspruch ist aber nicht schrankenlos. Werden die anderen Eigentümer durch den behindertengerechten Umbau nicht mehr hinnehmbar in ihren Rechten beeinträchtigt, so kann die Gemeinschaft die Forderung nach einem Umbau rechtmäßig ablehnen (OLG München v.22.2.2008, Az: 34 Wx 66/07, NZM 2008, 848).