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Mittwoch, 3. April 2013

Die Veräußerungszustimmung des WEG-Verwalters 1: Voraussetzungen und Prüfung:

Durch Erwerbsvorgänge und Erbfälle treten regelmäßig neue Personen in die Wohnungseigentümergemeinschaft ein. § 12 WEG gibt der Gemeinschaft die Möglichkeit, in der Gemeinschaftsordnung festzulegen, dass der Erwerb einer Wohnung der Zustimmung des Verwalters bedarf. Viele Verwalter sind sich im Unklaren, wann die Zustimmung erteilt werden muss und welche Informationen dafür von wem gefordert werden dürfen. Da der Verwalter dabei sowohl gegenüber der Gemeinschaft als auch gegenüber dem Veräußerer auf Schadensersatz haften kann, darf die Zustimmung weder leichtfertig erteilt, noch verweigert werden.
Nicht jeder Eintritt von neuen Eigentümern in die Gemeinschaft bedarf einer Veräußerungszustimmung, sie ist nur erforderlich, wenn die Gemeinschaftsordnung dies z.B. für den Fall der Veräußerung bestimmt. Unter einer Veräußerung versteht man die rechtsgeschäftliche Übertragung des Wohnungseigentums unter Lebenden. Nicht zustimmungsbedürftig ist daher ein Eigentumsübergang kraft Gesetzes, z. B. im Wege der Erbfolge gemäß § 1922 BGB (vergl. OLG Karlsruhe vom 25.06.2012 - 14 Wx 30/11 - FGPrax 2012, 246). Dagegen ist der Eigentumserwerb auf Grund einer Zwangsvollstreckung gemäß § 12 Abs.3 zustimmungsbedürftig. Primär zuständig für die Erteilung der Zustimmung ist die Eigentümerversammlung, die darüber durch Beschluss zu entscheiden hat. Zumeist wird in der Teilungserklärung der WEG-Verwalter ermächtigt, die Zustimmung zu erteilen, was aber die Beschlussfassung der Eigentümerversammlung nicht ausschließt (BGH vom 13.5.2011 - V ZR 166/10 - NJW-RR 2011, 1453). Seit der WEG-Novelle 2007 kann ein in der Gemeinschaftsordnung vereinbartes Zustimmungserfordernis durch Beschluss mit einfacher Mehrheit aufgehoben oder eingeschränkt werden, § 12 Abs.4. Die Begründung einer Veräußerungszustimmung ist aber nur durch eine Vereinbarung, nicht durch Beschluss, möglich.
Voraussetzungen der Veräußerungszustimmung:
Ziel der Veräußerungszustimmung des § 12 WEG ist, dass der Eintritt ungeeigneter Personen in die Gemeinschaft verhindert werden soll. Bei der Beurteilung, ob ein wichtiger Grund zur Versagung der Veräußerungszustimmung gegeben ist, kommt es allein auf die objektiven Eigenschaften des Erwerbers an. (OLG Hamburg vom 28.07.2004 - 2 Wx 92/98 - ZMR 2004, 850). Die Zustimmung kann daher nicht mit der Begründung verweigert, werden, dass der Veräußerer zunächst seine Schulden gegenüber der Gemeinschaft zu tilgen habe (OLG Brandenburg vom 12.01.2009 - 5 Wx 49/07 – ZMR 2009, 703 (705)).
Sowohl die Erteilung der Zustimmung als auch deren Verweigerung muss auf Fakten gestützt werden, die der Verwalter sorgfältig zu prüfen hat. Der Veräußerer ist verpflichtet, dem Verwalter jede ihm mögliche Information über den Erwerber zu übermitteln oder diesen zu einer Selbstauskunft zu veranlassen; die Erfüllung der Informationspflicht kann zur Vorbedingung für die Erteilung der Zustimmung gemacht werden. (OLG Hamburg vom 28.07.2004 - 2 Wx 92/98 - ZMR 2004, 850; OLG Köln vom 15.03.1996 - 19 U 139/95 - NJW-RR 1997, 336). Falls die Informationen über den Erwerber unzureichend sind, müssen weitere Daten gezielt abgefragt werden. Für den Verwalter folgt diese Pflicht zur Informationsbeschaffung aus dem Verwaltervertrag (KG vom 11.10.1989 – 24 W 4478/88 - ZMR 1990, 68).
Die Gründe zur Versagung der Veräußerungszustimmung müssen erheblich sein, jedoch ist es nicht erforderlich, dass die hohen Voraussetzungen des § 18 zur Entziehung des Wohnungseigentums vorliegen; die Anforderungen nach § 12 Abs.2 sind deutlich geringer (BayObLG vom 31.10.2001 - 2Z BR 37/01 - ZMR 2002, 289; LG Köln vom 19.3.2009 - 29 S 45/08 - ZMR 2009, 552). Ein wichtiger Grund zur Verweigerung der Zustimmung liegt vor, wenn vom Erwerber eine gemeinschaftswidrige Gefahr ausgeht, wobei es nicht auf dessen Verschulden ankommt (OLG Frankfurt vom 27.07.2005 - 20 W 493/04 - NZM 2006, 380). In der Person des Erwerbers müssen gewichtige Gründe vorliegen, die befürchten lassen, schutzwürdigen Interessen der übrigen Wohnungseigentümer unzumutbar gefährdet werden (OLG Zweibrücken vom 8.11.2005 - 3 W 142/05 - ZMR 2006, 219). Die Rechtsprechung unterscheidet zwei Fallgruppen, auf die eine Zustimmungsversagung gestützt werden kann, finanzielle Gründe und verhaltensbedingte Gründe:
Finanzielle Versagungsgründe:
Der in der Praxis bedeutsamste Grund für die Versagung der Veräußerungszustimmung ist die mangelnde finanzielle Leistungsfähigkeit des Erwerbers. Dies liegt vor, wenn begründete Zweifel bestenden, dass der Käufer seine finanziellen Verpflichtungen gegenüber der Gemeinschaft ordnungsgemäß erfüllen werde (OLG Köln vom 15.03.1996 - 19 U 139/95 - NJW-RR 1997, 336). Anhaltspunkte dafür bestehen, wenn das nachgewiesene Nettoeinkommen des Erwerbers nicht ausreichend ist, um die aus dem Wohnungseigentum erwachsenen Verpflichtungen zu tragen, wobei Sonderumlagen auf Grund absehbarer Instandsetzungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum aber auch die Kreditrate zur Finanzierung der Wohnung einzubeziehen sind. Das Einkommen naher Angehöriger (Ehegatte, Eltern etc.) ist grundsätzlich nicht anzurechnen, wenn diese nicht mithaften (LG Köln vom 29.02.2000 - 29 T 239/99 – ZMR 2000, 704). Dagegen kann Wert der Wohnung allenfalls berücksichtigt werden, wenn diese weitgehend lastenfrei ist (Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, 10. Aufl., § 12 WEG, Rn 21). Ist der Erwerber Mieter der zu verkaufenden Wohnung, kann die Versagung der Zustimmung auch auf die Unregelmäßigkeit der Mietzahlungen gestützt werden (OLG Köln vom 15.03.1996 - 19 U 139/95 - NJW-RR 1996, 1296). Gleiches gilt, wenn der Erwerber bereits für eine andere Wohnung in der Gemeinschaft über einen längeren Zeitraum erhebliche unberechtigte Wohngeldrückstände hat auflaufen lassen, es sei denn es bestehen Anhaltspunkte für eine Änderung des Verhaltens (LG Köln vom 19. März 2009 - 29 S 45/08 – ZMR 2009, 552). Nicht ausreichend für eine Zustimmungsversagung ist dagegen, dass der Erwerber nur beschränkt haftet (z.B. GmbH), selbst wenn die Firma ihren Sitz im Ausland hat und eine Rechtsverfolgung dadurch erschwert wäre (OLG Brandenburg vom 12.01.2009 - 5 Wx 49/07 – ZMR 2009, 703).
Verhaltensbedingte Versagungsgründe:
Sofern konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Erwerber Belange der Gemeinschaft im Allgemeinen und den Hausfrieden im Besonderen stören könnte, sollte die Verweigerung der Zustimmung gründlich abgewogen werden. Anders als die finanzielle Leistungsfähigkeit kann ein potentieller Störer selten an Hand objektiver Maßstäbe festgestellt werden. Dennoch hat die Rechtsprechung in einigen wenigen Ausnahmen die Verweigerung der Zustimmung für rechtmäßig erachtet. So entschied das Bayerische Oberste Landesgericht (vom 31.10.2001, 2 Z BR 37/01, NZM 2002, 255), dass die Zustimmung dann verweigert werden könne, wenn der Erwerber bereits in Haus wohnhaft war und durch ständig provozierendes Verhalten, Ruhestörungen und Streitigkeiten mit den Wohnungseigentümern aufgefallen ist (vergl. auch OLG Frankfurt vom 27.07.2005 - 20 W 493/04 – NZM 2006, 380). Erforderlich sind jedoch erhebliche Übergriffe, wie Tätlichkeiten oder Beleidigungen, eine schlichte Antipathie reicht dagegen nicht aus (OLG Köln vom 6.8.2009 – 16 Wx 133/08 - ZMR 2011, 55). Auch die Durchführung rechtswidriger baulicher Veränderungen kann ein Versagensgrund sein (LG Köln vom 19.3.2009 - 29 S 45/08 – ZMR 2009, 552). Beabsichtigt der Erwerber das Sondereigentum  gemeinschaftsordnungswidrig zu nutzen, z.B. Wohneigentum zu nicht duldungspflichtigen geschäftlichen Zwecken (z.B. wenn nicht hinnehmbare Lärmemissionen wahrscheinlich sind) oder als Bordell, so kann auch dann die Zustimmung verweigert werden (vergl. OLG Frankfurt vom 19.11.1993, 20 W 376/92 – ZMR 1994, 124; OLG Düsseldorf vom 2.10.1996 - 3 Wx 240/96 - ZMR 1997, 88).    
Eine generelle Zustimmungsverweigerung gegenüber bestimmten Gruppen (z.B. Ausländer, Lebenspartnerschaften, kinderreiche Familien etc.) kann weder beschlossen noch vereinbart werden, da ein solcher Ausschluss willkürlich wäre (BayObLG vom 27.3.1984, BReg 2 Z 25/84; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, 10. Aufl., § 12 WEG, Rn 47).  Auch wenn sich durch den Eigentumserwerb die Mehrheitsverhältnisse verändern, selbst wenn ein Eigentümer dann alle anderen Eigentümer überstimmen kann, darf die Veräußerungszustimmung nicht verweigert werden; etwas anderes gilt nur dann, wenn eine missbräuchliche Nutzung der Majorität konkret zu erwarten ist (LG Braunschweig vom 21.09.2010 - 6 S 113/10 – ZMR 2011, 159).
Folgen:
Im 2. Teil dieser Veröffentlichung geht es um die Erteilung der Zustimmung durch den Verwalter und die Möglichkeiten des Veräußerers, die Zustimmung zu erzwingen oder Schadensersatz zu fordern.

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