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Mittwoch, 20. Februar 2013

Verwalter und Wirtschaftsplan:


Insbesondere wenn die Wohnungseigentümer anlässlich der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung mit Nachzahlungen konfrontiert werden, stellt sich für viele die Frage, ob der Verwalter wirklich mehr Geld ausgeben durfte, als ihm nach dem Wirtschaftsplan bewilligt wurde. Diese Frage ist klar zu beantworten: Der Verwalter muss sogar mehr Geld ausgeben, wenn es den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht.

Zweck des Wirtschaftsplans ist es, aufgrund einer vorläufigen Schätzung festzustellen, welchen Gesamtbetrag die Gemeinschaft zur Lasten- und Kostenbestreitung im laufenden Wirtschaftsjahr benötigt. Durch die regelmäßige Zahlung sollen dem Verwalter die für die Erfüllung seiner Aufgaben notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung stehen (OLG Hamm vom 3.1.2008, Az. 15 W 240/07, ZMR 2009, 61). Demgegenüber werden in der Jahresabrechnung die tatsächlichen, im Geschäftsjahr eingegangenen Gesamteinnahmen und geleisteten Gesamtausgaben erfasst und gegenübergestellt; erst die Jahresabrechnung legt bindend fest, welche Ausgaben als Lasten und Kosten der Gemeinschaft zu behandeln sind (BGH vom 30.11.95, Az: V ZB 16/95, NJW 1996, 725). Der Wirtschaftsplan beschränkt also nicht die zukünftigen Ausgaben der Gemeinschaft, er greift dem Beschluss über die Jahresabrechnung des entsprechenden Jahres auch nicht vor (Merle in Bärmann, 11. Aufl., § 28 WEG, Rn 36).

Hiervon zu unterscheiden ist jedoch die Frage, wann und in wie weit der Verwalter von den Kostenansätzen des Wirtschaftsplans abweichen darf. Nach dem OLG Hamm (10.2.1997, Az: 15 W 197/96) handelt er Verwalter zumindest dann ordnungsgemäß, wenn der beschlossene Wirtschaftsplan entsprechenden Geldbeträge für die jeweilige Ausgabenposition vorsieht. Dasselbe gilt, wenn die Wohnungseigentümer-gemeinschaft als selbstverständlich davon ausging, dass der Verwalter die entsprechenden Ausgaben tätigte und insbesondere für Aufwendungen, die der Verwalter in Notfällen für erforderlich halten musste und eine Beschlussfassung aus Zeitgründen nicht abgewartet werden konnte (vergl. BGH vom 21.10.1976, Az: VII ZR 193/75, NJW 77, 44).

Der Verwalter ist also immer dann berechtigt und sogar verpflichtet, von den Kostenansätzen des Wirtschaftsplans abzuweichen, wenn die entsprechenden Mehraufwendungen nach dem Maßstab der ordnungsgemäßen Verwaltung objektiv erforderlich waren. Davon ausgenommen sind jedoch Sonderumlagen und die Instandsetzungsrücklage, da diese beiden Positionen streng zweckgebunden sind. Insbesondere darf die Instandsetzungsrücklage nicht zur laufenden Liquiditätssicherung verwendet werden und auch die Sonderumlage ist nur zur entsprechend dem bei Ihrer Beschlussfassung zu Grunde gelegten Inhalt zu verwenden und abzurechnen. Eine Umwidmung von Sonderumlage und Teilen der Instandsetzungsrücklage durch Beschluss der Gemeinschaft ist jedoch möglich (Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG-Kommentar, 10.Aufl, § 21, Rn 125, § 28, Rn 34ff., 92).  Waren Ausgaben nach dem Wirtschaftsplan nicht vorgesehen, genehmigte die Wohnungseigentümergemeinschaft aber die Jahresabrechnung, die diese Ausgaben enthält, wird hierin eine nachträgliche Genehmigung der Verwaltertätigkeit zu sehen sein (vergl. OLG Hamm, 10.2.1997, Az: 15 W 197/96).

Die Abweichung von den Kostenansätzen des Wirtschaftsplans kann für den Verwalter ein Risiko darstellen, insbesondere kann er bei schuldhaften Pflichtverstößen der Gemeinschaft auf Schadensersatz haften. Es kann aber sogar seine Pflicht sein, Mehrausgaben im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung zu tätigen, insbesondere in Notfällen.



Freitag, 8. Februar 2013

Der Wirtschaftsplan

Zu den Pflichten des Verwalters gemäß § 21 Abs.5 Nr.5 WEG gehört es nicht nur, über die Einnahmen und Ausgaben der Wohnungseigentümergemeinschaft abzurechnen, sondern auch deren Finanzbedarf zu planen und die Liquidität zu erhalten. Dazu gehört die Aufstellung und die Beschlussfassung eines Wirtschaftsplans für die Gemeinschaft samt Einzelwirtschaftsplänen für jeden einzelnen Eigentümer aus dem sich dessen persönliche Zahlungspflichten ergeben.

Der Mindestinhalt des Wirtschaftsplanes wird in § 28 Abs.1 S.2 WEG definiert. Danach ist eine Gegenüberstellung der voraussichtlichen Einnahmen (z.B. Wohngelder, Sonderumlagen und sonstige Erträge aus Gemeinschaftsvermögen) und der voraussichtlichen Ausgaben erforderlich. Dazu zählen insbesondere Aufwendungen für Strom, Wasser und Heizung, Versicherungsbeiträge und sonstige Betriebskosten aber auch Kosten voraussichtlicher Instandsetzungen das Verwalterhonorar und Bankkosten sowie eine Zuführung zur Instandsetzungsrücklage (vergl. Niedenführ in N/K/V, WEG-Kommentar, 10. Aufl. § 28 Rn 19 ff.). Hat die Gemeinschaft Schulden gegenüber Dritten, sind auch diese im Wirtschaftsplan niederzulegen. (BayObLG ZMR 2005, 384). Der Wirtschaftsplan muss eine geordnete Zusammenstellung der einzelnen Ausgabenpositionen und deren Bezifferung enthalten, die für einen durchschnittlich informierten Eigentümer verständlich und nachprüfbar ist. Bei der Prognose der künftigen Ausgaben und Einnahmen besitzen die Wohnungseigentümer einen weiten Ermessensspielraum (BayObLG NZM 2001, 754; NZM 1999, 34; KG NZM 1991, 188), da es kaum möglich ist den zukünftigen Finanzbedarf der Gemeinschaft auf den Euro genau zu ermitteln. Zumindest müssen die geplanten Einnahmen im Wirtschaftsplan genau die voraussichtlichen Ausgaben decken (vergl. LG Hamburg, ZMR 2011, 996; Niedenführ in N/K/V, WEG-Kommentar, 10. Aufl. § 28 Rn 24 ff.)

Nach § 28 Abs.1 Nr.3 WEG ist in den Wirtschaftsplan auch der Gesamtbetrag der zu zahlenden Instandsetzungsrücklage aufzunehmen. Systematisch zählt diese nicht zu den laufenden Einnahmen und Ausgaben der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, sondern stellt eine bilanzielle Vermögensposition dar (Hügel/Scheel, Rechtshandbuch Wohnungseigentum, 2. Aufl., Teil 11 Rn 26).

Zu unterscheiden ist zwischen dem Gesamtwirtschaftsplan (§ 28 Abs.1 WEG), der die Gesamtbeträge ausweist, und den Einzelwirtschaftsplänen im Sinne von § 28 Abs.1 Nr.2, die die von den einzelnen Eigentümern für jedes Wohn- oder Teileigentum anteilsmäßig zu entrichtenden Zahlungen enthält. Beide sind grundsätzlich unerlässliche Bestandteile eines ordnungsgemäßen Wirtschaftsplans (BGH, NJW 2005, 2061). Erst durch den Beschluss über die jeden einzelnen Wohnungseigentümer treffende Zahlungspflicht wird dessen Beitragsschuld gegenüber der Gemeinschaft begründet (BayObLG, ZMR 2005, 64 und NJW 1991, 1361). Grundsätzlich hat der Wirtschaftplan die vorsichtlichen Einnahmen und Kosten nach den vereinbarten bzw. wirksam beschlossenen Verteilungsschlüsseln zu verwenden. Nur ausnahmsweise soll es Anstelle der grundsätzlich erforderlichen genauen betragsmäßigen Festlegung der Zahlungspflicht genügen, nur den Verteilungsschlüssel anzugeben, z.B. den Miteigentumsanteil oder die Anzahl der Wohnungen (BayObLG NJW-RR 1990, 720). Dieses Verfahren dürfte aber zumindest bei größeren Gemeinschaften mit mehreren unterschiedlichen Abrechnungsschlüsseln kaum anfechtungsfest sein.

Ein Wirtschaftsplan begründet grundsätzlich nur eine auf die betreffende Wirtschaftsperiode, begrenzte Zahlungspflicht, die nach § 28 Abs.1 WEG im Allgemeinen ein Kalenderjahr beträgt. Von dieser allgemeinen Geltungsdauer kann nur durch Vereinbarung, nicht aber durch Beschluss abgewichen werden (OLG Düsseldorf, ZMR 2003, 862). Ein dennoch beschlossener längerer andauernder Wirtschaftsplan ist jedoch nur anfechtbar, aber nicht nichtig (streitig). Möglich ist es aber eine sog. Fortgeltungsklausel zu beschließen: dann gilt ein für ein bestimmtes Wirtschaftsjahr beschlossener Wirtschaftsplan auch nach dessen Ablauf weiter fort - bis zur Beschlussfassung über den nächsten Wirtschaftsplan (KG, ZWE 2005, 100; BayObLG, ZMR 2004, 842; OLG Düsseldorf ZMR 2003, 767). Die endlose Fortgeltung von Wirtschaftplänen kann jedoch nicht wirksam beschlossen werden. Insbesondere, wenn die Einnahmen die Ausgaben nicht mehr decken, entspricht die Neuaufstellung eines Wirtschaftsplans ordnungsgemäßer Verwaltung; einklagbar auch gegen den Willen der Mehrheit.

Auch fehlerhaft beschlossene Wirtschaftspläne sind grundsätzlich wirksam, wenn sie nicht fristgerecht angefochten werden. Hiervon ausgenommen sind aber Wirtschaftpläne für bereits vollständig abgelaufene Wirtschaftsjahre, die nichtig sind (Niedenführ in N/K/V, WEG-Kommentar, 10. Aufl. § 28 Rn 12, 17). Sinn des Wirtschaftsplanes ist es in erster Linie die Liquidität der Gemeinschaft zu sichern. Daher ist die Gemeinschaft nicht an die Vorgaben des Wirtschaftsplanes gebunden, solange alle Verpflichtungen der WEG abgesichert sind. Stellt sich während des Wirtschaftsjahres ein weiterer Finanzbedarf heraus, z.B. durch unvorhergesehene Reparaturen, muss eine Sonderumlage beschlossen werden (siehe Merle in Bärmann, WEG Kommentar, 11. Auflage, Rn 13).